Klimaschutz durch Kreislaufwirtschaft ist ein Faktor mit weltweitem Wirkungsgrad. Zum Nachzieheffekt – also der schrittweisen Übernahme neuer Technologien in anderen Ländern – gesellt sich dabei aber noch ein wesentlicher zweiter Aspekt. Als international tätiges Unternehmen mit rund 1.000 Standorten in über 30 Ländern können wir den für ganzheitlichen Klimaschutz benötigten Technologietransfer aktiv selbst vorantreiben. Die Etablierung klimaschützender kreislaufwirtschaftlicher Technologien erfolgt wesentlich dynamischer als beim klassischen Nachzieheffekt, der an politische Weichenstellungen und andere vorgelagerte Prozesse im jeweiligen Land gekoppelt ist. Diese bedeuten eine Verlangsamung, die wir uns beim Kampf gegen den Klimawandel nicht leisten können. Wir brauchen so viel Klimaschutz wie möglich, in so vielen Ländern wie möglich und das alles so schnell wie möglich. Schon allein deshalb wäre es fahrlässig, nur auf die Energiewende zu setzen. Berechnungen der MacArthur Foundation zufolge lässt sich der weltweite CO2-Ausstoß auf diese Weise lediglich um 55 Prozent senken.1 Das ist definitiv zu wenig. Nur in Kombination mit einer umfassenden, globalen Rohstoffwende bleibt die Begrenzung der Erderwärmung auf zwei, besser noch 1,5 Grad Celsius realistisch.
Viele Länder – auch in Europa – lassen großes Klimaschutzpotenzial ungenutzt. Teils liegt der Wiederverwertungsgrad unter 20 Prozent.2 Das müssen und wollen wir ändern
Immer wieder heißt es, dass strengere Umwelt- und Recyclingstandards für deutsche oder europäische Unternehmen einen Standortnachteil bedeuten. Das Gegenteil ist der Fall. Anu Bradford hat in ihrem Buch „The Brussels Effect“ an den Beispielbranchen Chemie und Elektrogeräte nachgewiesen, dass das Setzen höherer europäischer Standards dazu geführt hat, diesen weitgehend international Geltung zu verschaffen.3 Europa mit seiner innovativen, leistungsfähigen Industrie und der Technologieführerschaft in der Kreislaufwirtschaft muss seine internationale Verantwortung wahrnehmen. Uns kommt die Aufgabe zu, vorzuleben und zu beweisen, dass gutes Leben in den planetaren Grenzen möglich ist. Vor dem Hintergrund, dass die oftmals ins Feld geführten wirtschaftlichen Nachteile für Unternehmen real nicht existent sind, sollte man dieser Verpflichtung umso mehr nachkommen. Die Kreislaufwirtschaft jedenfalls tut dies und glaubt fest an die Sogwirkung einer auf Nachhaltigkeit ausgerichteten Unternehmensstrategie. Daran sollte sich auch die Politik orientieren.
So viel Klimaschutz wie möglich erfordert nicht nur, dass alle mitmachen, sondern auch, dass jeder sein Bestes gibt. In unserem Fall bedeutet das, ständig in neue Recyclingtechnologien zu investieren, um immer mehr Wertstoffe noch sortenreiner aufzubereiten. Exemplarisch hierfür steht unsere neue, hochmoderne Sortieranlage in Erftstadt, mit der aus Gemischtabfällen Kunststoffe bis hinein in einzelne Materialspezifikationen zurückgewonnen werden können. Hinzu kommt, dass wir Klimaschutzpotenziale außer in der Tiefe auch in der Breite optimal ausschöpfen. Innerhalb des REMONDIS-Spektrums nutzen wir Synergien dahingehend, dass wir Entsorgung und Produktion verbinden. Die Herstellung von Natriumaluminat zur klima- und ressourcenschonenden Wasseraufbereitung aus aluminiumhaltigen Abfällen ist hier ein Beispiel von vielen. Manche der von uns erzeugten Produkte entfalten ihre CO2-reduzierende Wirkung sogar in Bereichen, die man auf den ersten Blick niemals mit der Kreislaufwirtschaft assoziiert. So führt von uns produzierter Kompost aus Biomasse dazu, den Torfeinsatz in der Gärtnerei und Landwirtschaft zu verringern. Das wiederum bedeutet, dass weniger Torf abgebaut wird und damit Moore, die wichtige CO2-Speicher sind, erhalten bleiben.
Neben Mooren können auch kultivierte Böden in Form von Acker- und Forstflächen als CO2-Speicher dienen. Voraussetzung dafür ist ein optimaler Humusanteil. Der wiederum lässt sich durch zielgerichteten Einsatz spezieller Komposte erzielen, wie sie die REMONDIS-Tochtergesellschaft RETERRA aus Biomasse – also organischen Abfällen – herstellt. Ein weiteres Beispiel für gelungenes Beitragen der Kreislaufwirtschaft zur Entlastung der Atmosphäre von CO2 und damit zum Klimaschutz. Das klingt alles erstmal relativ mittelbar und wäre es auch, wenn wir nicht im Zuge dessen auch noch ein spezielles Berechnungstool für die Agrarwirtschaft entwickelt hätten. Der Name: CarboSoil. Das Ziel: Landwirte in die Lage versetzen, genau zu ermitteln, wie sich das Humus- und damit CO2-Einsparpotenzial optimieren lässt. Mehr dazu im Artikel CarboSoil auf der Website REMONDIS Nachhaltigkeit
Die Energiewende erfordert eine beachtliche Menge an Rohstoffen für den Bau von Windkraft- und Solaranlagen, Stromspeicherstätten etc. Will man vermeiden, dass der Klimaschutzbeitrag der Energiewende ein Stück weit durch den hohen Ressourcenverbrauch kannibalisiert wird, bleibt gar nichts anderes übrig, als die eingesetzten Rohstoffe konsequent zu recyceln. Auch hier braucht es also dringend die Kreislaufwirtschaft, die zudem in diesem Bereich extrem gefordert ist. Aktuell liegt die Recyclingrate von strategisch wichtigen Stoffen wie Tantal, Indium oder Neodym noch unter einem Prozent.4 Das zeigt gleich zweierlei: Erstens gibt es hier extrem großes Klimaschutzpotenzial. Zweitens muss es dringend gelingen, Windräder und Co. so herzustellen, dass die enthaltenen Rohstoffe tatsächlich zurückgewonnen werden können. Stichwort Ökodesign.
Ein weiterer Beleg für die Ganzheitlichkeit unseres Wirkens ist, dass durch unsere Recyclinglösungen sämtliche Aspekte von Nachhaltigkeit bedient werden. Auch und vor allem gilt das für soziale und wirtschaftliche Nachhaltigkeit. Rohstoffe zu recyceln, bedeutet, sich unabhängiger von Importen zu machen. Gut lässt sich das am Beispiel Tantal verdeutlichen. Die Hälfte der weltweit bekannten Vorkommen befinden sich in der Demokratischen Republik Kongo (DRC).5 Eine Konzentration, die aus der Abnehmersicht Deutschlands und Europas Unwägbarkeiten und Risiken birgt. Der Volatilität kann man nur zuverlässig einen Riegel vorschieben, indem einmal eingeführte Tantalmengen wieder und wieder in den Stoffkreislauf zurückgeführt werden. Das ist umso erstrebenswerter, als man damit zugleich einen Beitrag zum Kampf gegen die Ausbeutung leistet. In vielen Ländern mit hohen Rohstoffvorkommen – vor allem in Afrika und Südamerika – herrschen beim Ressourcenabbau prekäre Arbeitsverhältnisse. Sicherheits- und Sozialstandards werden nicht eingehalten und auch Kinderarbeit ist keine Seltenheit.
Erhöhung und mittelfristige Vereinheitlichung der EU-weiten Sammelquoten
Förderung von Technologietransfer und Aufbau von Recyclingstrukturen in Schwellenländern
Initiierung von Bildungsprogrammen in rohstoffexportierenden Ländern, um Menschen unabhängig von ausbeuterischen Arbeiten in Tagebauen zu machen
Verhinderung der illegalen Ausfuhr von Abfällen und damit Rohstoffen
Anpassung der Düngemittelverordnung dahingehend, dass der Klimaschutzbeitrag von Kompost aus Bioabfall gewürdigt wird
1 Ellen MacArthur Foundation: Completing the Picture: How the Circular Economy Tackles Climate Change, S. 14, 2019
2 sueddeutsche.de: Rumänien versinkt im Müll – und kauft Abfall aus dem Ausland, 22.06.2020
3 Anu Bradford: The Brussels Effect – how the European Union rules the world, 2020
4 Faulstich: Circular Economy – Herausforderungen und Perspektiven. In: Nachhaltige Industrie 2020, S. 8 u. 13, 2020
5 Hagelüken: Business as unusual – Anforderungen an eine Kreislaufwirtschaft von Lithium-Ionen-Batterien, S. 66, 2021